Sind Labordiamanten nachhaltiger als natürliche Diamanten?

Labordiamanten, auch als synthetische oder gezüchtete Diamanten bezeichnet, werden zunehmend als ethischere und nachhaltigere Alternative zu natürlich geförderten Diamanten vermarktet. Diese Ansicht beruht auf dem Argument, dass sie unter kontrollierten Bedingungen ohne die sozialen und ökologischen Schäden hergestellt werden, die mit dem traditionellen Diamantenabbau verbunden sind. Bei genauerer Untersuchung wird jedoch deutlich, dass auch Labordiamanten nicht ohne ethische und nachhaltige Herausforderungen sind. In diesem Blog wird dargelegt, warum Labordiamanten weder ethisch noch nachhaltig sind, basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und der Analyse ihrer ökologischen und sozialen Auswirkungen.

1. Energieverbrauch bei der Herstellung von Labordiamanten

Die Herstellung von Labordiamanten erfordert enorme Mengen an Energie, insbesondere bei der Anwendung der gängigsten Methoden: der Hochdruck-Hochtemperatur-Synthese (HPHT) und der chemischen Gasphasenabscheidung (CVD). Beide Verfahren erfordern erhebliche Energiezufuhr, um die extremen Temperaturen und Drücke zu erzeugen, die zur Diamantbildung notwendig sind.

1.1 Hochdruck-Hochtemperatur-Verfahren (HPHT)

Dieses Verfahren ahmt die geologischen Bedingungen der natürlichen Diamantbildung nach, indem es Temperaturen von über 1400 °C und Drücke von etwa 5 GPa erzeugt. Diese Bedingungen werden durch den Einsatz von schweren Maschinen erzeugt, die große Mengen elektrischer Energie verbrauchen.

1.2 Chemische Gasphasenabscheidung (CVD)

Bei der CVD-Methode wird ein kohlenstoffhaltiges Gas wie Methan in einer Vakuumkammer erhitzt und zersetzt, wodurch Kohlenstoffatome auf einem Substrat abgeschieden werden, um einen Diamanten zu bilden. Auch dieser Prozess erfordert eine kontinuierliche Zufuhr von Energie, um die Temperatur in der Reaktionskammer konstant hoch zu halten.

2. Ökologischer Fussabdruck: Energiequelle und Emissionen

Ein entscheidender Faktor für die ökologische Bilanz von Labordiamanten ist die Herkunft der Energie, die bei ihrer Produktion verwendet wird. In vielen Fällen wird diese Energie aus fossilen Brennstoffen gewonnen, was zu erheblichen CO₂-Emissionen führt. Studien zeigen, dass die Herstellung eines Karats eines Labordiamanten in einem auf fossile Brennstoffe angewiesenen Energiesystem so viel CO₂ freisetzen kann wie der Abbau eines natürlichen Diamanten von vergleichbarer Größe.

2.1 CO₂-Emissionen im Vergleich zu natürlichen Diamanten

Laut einer Studie der Firma *Trucost*, die 2019 von der Diamond Producers Association (DPA) veröffentlicht wurde, erzeugt der Herstellungsprozess von synthetischen Diamanten im Durchschnitt etwa 511 kg CO₂ pro Karat, verglichen mit 160 kg CO₂ pro Karat bei natürlich geförderten Diamanten. Diese Diskrepanz ist insbesondere dann relevant, wenn die Produktionsstätten von Labordiamanten in Regionen mit hohem fossilen Energieverbrauch liegen.

3. Ressourcenverbrauch und Abfallproduktion

Der Herstellungsprozess von Labordiamanten ist nicht nur energieintensiv, sondern benötigt auch erhebliche Mengen an Rohstoffen und Chemikalien, darunter Methan, Wasserstoff und Stickstoff. Diese Chemikalien müssen nicht nur produziert, sondern nach der Nutzung auch entsorgt werden, was zu einer zusätzlichen Umweltbelastung führt. Darüber hinaus wird für die Herstellung hochwertiger Labordiamanten oft eine hohe Ausschussquote berichtet, da viele synthetische Diamanten nicht die ästhetischen oder physikalischen Anforderungen des Marktes erfüllen.

4. Ethik in der Lieferkette: Arbeitsbedingungen und soziale Auswirkungen

Labordiamanten sind nicht zwangsläufig frei von ethischen Bedenken hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und der sozialen Gerechtigkeit in ihrer Lieferkette. Obwohl sie in der Regel nicht mit Konflikten oder Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang stehen, wie es bei natürlich geförderten „Blutdiamanten“ der Fall sein kann, gibt es dennoch potenzielle ethische Probleme in Bezug auf die Arbeitsbedingungen in den Produktionsanlagen.

4.1 Niedriglohn-Arbeit und schlechte Arbeitsbedingungen

Ein Grossteil der Produktion von Labordiamanten erfolgt in Ländern wie China und Indien, wo die Arbeitsbedingungen in den Fabriken oft nicht den internationalen Standards entsprechen. In einigen Fällen werden Arbeiterinnen und Arbeiter schlecht entlohnt, arbeiten in gefährlichen Umgebungen und haben keinen Zugang zu sozialen Sicherheitsnetzen.

4.2 Monopolstrukturen und Marktkonzentration

Die Labordiamantenindustrie wird zunehmend von wenigen grossen Unternehmen dominiert, was Bedenken hinsichtlich einer ungleichen Verteilung von Wohlstand und Macht in der Wertschöpfungskette aufwirft. Diese Monopolstrukturen können die wirtschaftliche Entwicklung kleinerer Produzenten behindern und die Marktdynamik negativ beeinflussen.

5. Vergleich mit natürlichen Diamanten: Nachhaltigkeitsmythen

Die Vorstellung, dass Labordiamanten nachhaltiger sind als natürliche Diamanten, wird oft durch Marketingkampagnen gefördert, die die negativen Aspekte des Diamantenabbaus hervorheben, während die ökologischen und sozialen Kosten der Labordiamantenherstellung verschwiegen werden. Es ist wichtig zu betonen, dass die Diamantenförderung in vielen Regionen zunehmend nachhaltiger wird. In Ländern wie Botswana und Kanada werden Diamanten unter strengen ökologischen und sozialen Standards abgebaut, und die Erlöse aus dem Abbau tragen direkt zur wirtschaftlichen Entwicklung und zur Armutsbekämpfung bei.

6. Fazit: Labordiamanten sind weder ethisch noch nachhaltig

Ein roher Labordiamanten
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Labordiamanten weder eine vollständig ethische noch eine nachhaltige Alternative zu natürlich geförderten Diamanten darstellen. Ihr hoher Energieverbrauch, der erhebliche CO₂-Ausstoß, der Einsatz umweltbelastender Chemikalien und potenziell problematische Arbeitsbedingungen machen deutlich, dass auch synthetische Diamanten mit erheblichen Umwelt- und Sozialproblemen behaftet sind.

Um wirklich nachhaltige Entscheidungen in Bezug auf Schmuck oder industrielle Anwendungen zu treffen, ist es wichtig, die gesamte Lebenszyklusanalyse der jeweiligen Produkte zu berücksichtigen und sowohl die Vorteile als auch die versteckten Kosten kritisch zu hinterfragen. Die Diskussion um die Ethik und Nachhaltigkeit von Diamanten – ob natürlich oder im Labor hergestellt – muss differenziert und umfassend geführt werden, um verantwortungsvolle Entscheidungen zu fördern.

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